In unserem vorherigen Artikel zur Sorgfaltspflicht erläuterten wir die Überprüfungsverfahren, die wir bei den Kreditanbahnern und ihren Krediten – vor und nach dem Beitritt zur Mintos-Plattform – durchführen, um sicherzustellen, dass sie den höchsten Standards für einen verantwortungsvollen, gesetzeskonformen und nachhaltigen Betrieb entsprechen. Selbst bei unseren sorgfältigen Vorsichtsmaßnahmen und hohen Anforderungen an ihre Leistung können unvorhergesehene Umstände – wie die beispiellosen Auswirkungen, die COVID-19 auf die Wirtschaft hat – dazu führen, dass Kreditgeber Schwierigkeiten haben, ihren Verpflichtungen gegenüber Mintos-Investoren nachzukommen. In diesen Fällen hat die Einholung der Investorengelder oberste Priorität.
Damit unsere Investoren besser verstehen, was genau Mintos tut und welchen Prozess wir verfolgen, gliedert sich dieser Artikel in die vier Phasen der Maßnahmen auf, die wir ergreifen, wenn Probleme mit einem Kreditgeber auf unserer Plattform festgestellt werden, sowie unsere Maßnahmen zur Lösung des Problems und zur Einholung der Investorengelder.
Stufe 1: Überwachung und Identifizierung potenzieller Probleme
Wir überwachen die Anbahner und ihre Kreditkennzahlen fortlaufend. Dazu gehören monatliche Überprüfungen ihrer Kreditbuch-Performance sowie die Echtzeit-Überwachung über eine Softwareschnittstelle (API), über die sich die Anbahner mit der Plattform verbinden. Wir berücksichtigen auch alle internen Entwicklungen oder Marktentwicklungen, die sich auf das Geschäft eines Kreditgebers auswirken können. Selbst kleine Anzeichen für einen Leistungsrückgang können größere Probleme heraufbeschwören. Bspw. würden ein Wechsel im Management oder Änderungen der lokalen Gesetze und Vorschriften ausreichen, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen und diesen Kreditgeber und seine Kredite besonders genau zu untersuchen.
Mintos verfügt über einen umfangreichen Katalog von Auslöseereignissen in Bezug auf die Darlehensleistung und die Geschäfts-, Finanz- und Marktleistung eines Darlehensanbahners, die uns zum Handeln veranlassen. Diese Auslöser können quantitativer oder qualitativer Natur sein. Zum Beispiel stellt eine Verschlechterung der finanziellen Leistung einen quantitativen Auslöser dar, während eine plötzliche negative Marktentwicklung oder ein Abschwung der Wirtschaft als qualitativer Auslöser betrachtet werden. Einige Beispiele hierfür könnten ein Bruch einer Vereinbarung oder eines Vertrags, eine Abweichung vom prognostizierten Geschäftsvolumen des Darlehensgebers, eine Verschlechterung der Qualität des Darlehensportfolios, Änderungen der finanziellen Leistung oder negative Informationen über den Darlehensgeber sein, um nur einige zu nennen.
Wenn ein Auslöseereignis eintritt, beginnen wir sofort mit der Analyse der Situation.
1. Was hat das Problem verursacht? Wie wirkt es sich auf die Kreditleistung, den Betrieb und die finanzielle Lage des Darlehensanbahners aus?
2. Ist der Anbahner in der Lage, das Problem zu lösen?
3. Ist das Management des Anbahners dabei, seinen Verpflichtungen nachzukommen? Dabei spielen die Darlehensbedienung, die Rückzahlungen der Kreditnehmer und die Ausführung von Rückkäufen für die Mintos-Investoren eine Rolle.
Falls sich die Qualität des Kreditportfolios eines Kreditgebers verschlechtert, ist letztlich mit einem Rückgang der Rentabilität zu rechnen. Über einen längeren Zeitraum hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Betriebsfähigkeit des Unternehmens. Unsere Ergebnisse während der Überwachungsphase könnten Mintos dazu veranlassen, die Risikobewertung eines Kreditgebers zu revidieren oder einige der Maßnahmen zu ergreifen, die wir als nächstes eingehender untersuchen werden.
Stufe 2: Maßnahmen ergreifen
Nach dem Verschaffen eines gründlichen Überblicks über die Situation können wir anhand der Auslöseereignisse vorgehen. Mintos geht je nach Bedarf mit folgenden Eskalationsstufen vor:
- Stufe 1
Bei einem anfänglichen Bedenken, das einer weiteren Prüfung bedarf, würde unsere erste Reaktion darin bestehen, die Anzahl der Kredite zu begrenzen, die der Kreditgeber auf der Mintos-Plattform anbieten darf, während wir die Entwicklung der Situation beobachten. Der Kreditgeber mag zwar immer noch qualitativ hochwertige Kredite anbieten, aber wir möchten sichergehen, dass er nicht übermäßig expandiert oder sich bei all seinen Geschäften zu stark auf Mintos verlässt, da dies auf finanzielle Unsicherheit an anderer Stelle hindeuten könnte.
- Stufe 2
Die zweite Eskalationsstufe besteht darin, den Kreditgeber zur Reduktion der auf Mintos angebotenen Kredite aufzufordern. Dies kann entweder organisch geschehen, indem die Kredite auslaufen und nicht ersetzt werden, oder in einem beschleunigten Tempo, wenn wir den Kreditgeber auffordern, bestimmte Kredite zurückzukaufen. Auch hier beobachten wir die Situation weiterhin genau.
- Stufe 3
Die dritte Eskalationsebene ist so gestaltet, dass der Kreditgeber daran gehindert wird, überhaupt neue Kredite auf Mintos anzubieten. Dies übt erheblichen operativen Druck auf ihn aus, da er dann nicht mehr in der Lage ist, seine Kreditvergabe über Mintos zu finanzieren.
- Stufe 4
Die letzte Eskalationsstufe ist die Suspendierung. Falls ein Kreditgeber die Rückzahlungen der Kreditnehmer nicht in voller Höhe überweist, würden wir die Finanzierung aller Primärmarktkredite über die Mintos-Plattform aussetzen (d. h. es gibt keine neuen Investitionen) und verhindern, dass derzeitige Investoren Kredite dieses Kreditgebers auf dem Sekundärmarkt verkaufen können. Dadurch wird das Risiko minimiert, dass andere Investoren einen faulen Kredit kaufen, ohne sich der Situation bewusst zu sein. Wir teilen den Investoren die Nachricht von der Aussetzung des Darlehensgebers mit und aktualisieren unser Mintos-Rating anhand der Informationen, um die Änderung widerzuspiegeln.
Je nach Situation kann Mintos auch die Kooperationsvereinbarung mit dem Kreditgeber kündigen. Unter diesen Umständen kann Mintos den Darlehensgeber auffordern, alle ausstehenden Darlehen von Investoren auf Mintos sofort zurückzukaufen.
Während dieser gesamten Aktionsphase wird der Darlehensgeber in der Regel weiterhin die Darlehen bedienen und die Rückzahlungen an Mintos überweisen, sodass sie an die Investoren weitergeleitet werden können. Falls der Kreditgeber nicht in der Lage ist, die Rückzahlungen der Kreditnehmer in voller Höhe zu überweisen, können wir versuchen, verlängerte Rückzahlungsbedingungen für diese Beträge festzulegen. Dieses Vorgehen schauen wir uns im nächsten Abschnitt genauer an.
Stufe 3: Suche nach einer Lösung mit den geringsten Auswirkungen auf die Investoren
Falls ein Kreditgeber suspendiert wird oder nicht mehr in der Lage ist, die Rückzahlungen der Kreditnehmer an die Investoren zu überweisen, prüfen wir seine Situation sorgfältig, bevor wir eine Entscheidung treffen. Falls Investoren einem erheblichen Verlustrisiko ausgesetzt sind, würden wir prüfen, ob der Verlust durch die Umsetzung einer Restrukturierungslösung mit dem Kreditgeber vermieden werden könnte. Im Nachgang davon würden wir die Rückzahlungsbedingungen verhandeln. Im Falle einer Umstrukturierung arbeiten wir mit dem Management-Team des Darlehensgebers zusammen, um eine optimale Lösung zu finden, die eine vollständige Einholung der investierten Gelder ermöglicht und das Risiko für die Investoren verringert.
Aus Investorensicht ist es oft die beste Lösung, wenn Mintos einen Rückzahlungsplan für die Beträge aushandelt, die nicht an die Investoren überwiesen wurden. In diesem Rahmen können wir uns auch auf zusätzliche Sicherheiten bzw. persönliche Bürgschaften der Anteilseigner einigen, oder wir könnten zusätzliche Anforderungen, Zusicherungen und Bedingungen einführen, an die sich der Kreditgeber bei der Rückzahlung des Forderungsbetrags halten muss. Wir werden immer darauf drängen, dass diese Rückzahlungen eher früher als später erfolgen, aber wir möchten auch sicherstellen, dass die Bedingungen für den Kreditgeber tragbar sind. Zu diesem Zweck versuchen wir immer zu überprüfen, ob die vom Darlehensgeber im Rahmen des Rückzahlungsplans vorgelegten Finanzprognosen mit dem Tilgungsplan der Darlehen übereinstimmen. Die Vereinbarung eines Rückzahlungsplans hat Vorteile gegenüber der Verfolgung von Rechtsmitteln, da die Chancen höher sind, dass die Investoren ihr Kapital plus Zinsen zurückerhalten, und es in der Regel weniger Zeit braucht, um die Mittel zurückzuerhalten.
Wir werden auch die Konzerngarantie (falls vorhanden) des Darlehensgebers in Anspruch nehmen, es sei denn, wir kommen zu dem Schluss, dass sie angesichts der Umstände, die zu den Problemen geführt haben, nicht zielgerichtet ist. In Situationen, in denen die Inanspruchnahme einer Konzerngarantie die Einholungsbeträge für die Investoren nicht verbessern oder die Situation sogar noch verschlimmern würde, können wir von ihrer Inanspruchnahme absehen. Dies könnte der Fall sein, falls der Konzern nicht über genügend Vermögenswerte verfügt, um die Konzerngarantie abzudecken, oder wenn die Inanspruchnahme der Garantie sich negativ auf das Konzerngeschäft auswirken und die Chancen der Investoren auf eine vollständige und schnellere Einholung verringern würde. Die Konzerngarantie gilt für die gesamte Dauer des Kooperationsabkommens mit Mintos, sodass wir sie jederzeit während unseres Einholungsverfahrens geltend machen können, wenn wir zu dem Schluss kommen, dass sie die Einholung verbessert.
Um Komplikationen zu vermeiden, ist die unveränderte Verwaltung der Darlehen durch den Anbahner selbst vorzuziehen. Damit meinen wir, dass der Kreditgeber die Hoheit über das normale Inkasso- und Zahlungssystem behält, das Geld von den Kreditnehmern selbst einzieht und die Rückzahlungen an Mintos sendet, sodass diese dann an die Investoren weitergeleitet werden. Wenn es notwendig und praktisch durchführbar ist, kann Mintos jedoch die Bedienung übernehmen – bspw. im Konkursfall des Kreditgebers. In diesem Fall würden wir den Einzug der Rückzahlungen von den Kreditnehmern über einen externen Inkassodienst veranlassen und diese direkt an die Investoren weiterleiten.
Einen Kreditanbahner vor Gericht bringen
Einige Investoren fragen sich vielleicht, warum man nicht sofort ein Rechtsmittel einlegen sollte. Die Antwort ist, dass es sich dabei nicht um eine schnelle und einfache Lösung handelt und es keine Garantie dafür gibt, dass es im besten Interesse der Investoren endet. Im Vergleich zu einem Rechtsstreit – einem Prozess, dessen Beilegung Jahre dauern und der zu erheblichen Verlusten für die Investoren führen kann – ist die Verlängerung des Rückzahlungsplans die bessere Option, wenn das Ziel darin besteht, das Geld unserer Investoren so schnell wie möglich und mit der besten Aussicht auf eine Rückzahlung als Ergebnis zurückzubekommen.
Die Verlängerung oder Neuverhandlung des Zahlungsplans bedeutet auch, dass der Kreditgeber später wieder auf der Mintos-Plattform aktiv werden kann. Voraussetzung dafür ist integres Handeln, das Erfüllen der neu vereinbarten Rückzahlungsbedingungen und der Nachweis, dass er seit einem bestimmten Zeitraum sein Geschäft wieder in geordnete Bahnen gelenkt hat. In Fällen, in denen ein Kreditgeber beispielsweise durch ein einmaliges externes Ereignis negativ beeinflusst wurde, aber bis zu diesem Zeitpunkt eine starke Performance aufwies und qualitativ hochwertige Kreditmöglichkeiten bot, bedeutet dies, dass Investoren in Zukunft keine rentablen Investitionsmöglichkeiten verpassen werden, wenn der Kreditgeber die Chance erhält, sich zu erholen. Natürlich werden wir unsere Mintos-Ratings aktualisieren, um die bisherige Performance eines Kreditgebers transparent zu kommunizieren.
Neuigkeiten zu Verhandlungen mit Kreditanbahnern
Wenn es um Verhandlungen geht – das betrifft Unternehmen aller Art –, ist Vertraulichkeit gängige Praxis. Das ist der Grund, weshalb wir Investoren keine detaillierten Echtzeit-Neuigkeiten zu den erzielten Fortschritten geben können, obwohl wir, wann immer möglich, die wichtigsten Entwicklungen mitteilen. Ein Fingerzeig von uns könnte dem Darlehensgeber die Oberhand geben, wenn wir ihn bitten, die Auszahlung an die Investoren eher früher als später vorzunehmen. Aus diesem Grund muss der Fortschritt dieser Verhandlungen vertraulich bleiben, bis eine Einigung erzielt wird. Eine zu frühe Enthüllung unserer Absichten könnte die Chancen für das beste Ergebnis für die Investoren gefährden.
Stufe 4: Gerichtsverfahren
Obwohl es immer besser ist, mit dem Darlehensgeber außergerichtlich eine Einigung zu erzielen, sind wir bereit, falls erforderlich den rechtlichen Weg zu beschreiten. Zum jetzigen Zeitpunkt führt unsere Rechtsabteilung Gerichtsverhandlungen durch – und wie alle Gerichtsverfahren kann dies ein langer Prozess sein, da Mintos im Namen unserer Investoren Geld über einen Dritten zurückfordern muss. Ein Rechtsstreit ist mit dem Risiko verbunden, dass nicht der gesamte Investitionsbetrag zurückgefordert werden kann, und die Rechtslage kann sich je nach Land unterscheiden, in dem der Kreditgeber registriert ist.
Einholungskosten
In einigen Fällen können wir beschließen, Dritte, wie z. B. externe Anwälte oder Kreditsachbearbeiter, zu beauftragen, um die Investorengelder zurückzufordern. Im Falle einer erfolgreichen Einholung würden diese externen Kosten von den Rückzahlungen einbehalten. Wir prüfen sorgfältig, ob das Aufbürden solcher Kosten im besten Interesse der Investoren ist. Die Kostenbeteiligung darf den zurückgeforderten Betrag nicht übersteigen.
Unser Versprechen an die Investoren
In allen Fällen werden wir unser Bestes tun, um eine Lösung zu finden, die den Anlegern die besten Chancen auf die Einholung ihrer Gelder bietet. Wir wenden im Umgang mit allen Kreditgebern die gleichen Regeln an. Alle Investitionen sind mit Risiken verbunden, und obwohl wir unser Bestes tun, um diese zu minimieren, kann keine Investitionsplattform garantieren, dass 100 % der von ihr angebotenen Investitionsmöglichkeiten erfolgreich sein werden – insbesondere in finanziell turbulenten Zeiten. Wir werden weiterhin sorgfältig auf das Feedback der Mintos-Nutzer hören und unsere Prozesse transparent darlegen.