„Nachhaltigkeit ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generationen entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“
So wird Nachhaltigkeit in dem 1987 veröffentlichten Bericht der Brundtland-Kommission beschrieben. Die Brundtland-Kommission, benannt nach der damaligen norwegischen Vorsitzenden Gro Harlem Brundtland, ist eine Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen.
Heute steht der Begriff der Nachhaltigkeit in einem zentralen gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Interesse. Durch unter anderem den Klimawandel, Kriege und politische Konflikte sowie ethische Ungerechtigkeiten und Ausbeutung erlebt nachhaltiges Investieren eine steigende und bereits heute sehr hohe Nachfrage. Menschen möchten ihr Geld für das Gute investieren. Aber: Anders als bei der sehr konkreten Brundtland-Definition sind nachhaltige Geldanlagen weniger beziehungsweise recht schwammig durchdefiniert. Wir haben das Thema für Sie sortiert.
Das Wesentliche in Kürze
- 2016 traten die Sustainable Development Goals in Kraft, die 17 Nachhaltigkeitsziele und konkrete Umsetzungsmaßnahmen definieren. Gleichermaßen gibt es die Environment-Social-Governance-Richtlinien. Beide dienen als Orientierungspunkt für die Einordnung von Geldanlagen als „nachhaltig“ oder „nicht nachhaltig“.
- Es gibt drei Möglichkeiten, nachhaltig Geld zu investieren: Anhand von Ausschlusskriterien, anhand von Positivkriterien oder als Impact-Investment. Mit den einzelnen Stufen steigen die Anforderungen an vorhandenes Fachwissen und Risikobereitschaft.
- Mittlerweile gibt es viele bereits vorselektierte und diversifizierte Fonds und ETFs, die auch unerfahrenen Anlegerinnen und Anlegern nachhaltige Investitionen ermöglichen wollen. Insbesondere bei Fonds ist es aber mitunter schwer, festzustellen, nach welchen Kriterien sie zusammengesetzt wurden.
- Nachhaltige Anlageprodukte können die persönlichen Wertvorstellungen widerspiegeln, bergen aber genau wie alle anderen Anlageprodukte sowohl Chancen als auch Risiken. Anlegerinnen und Anleger sollten vorab eine für sie passende Anlagestrategie definieren.
Was sind die Grundlagen nachhaltiger Investitionen?
Der schon erwähnte und zitierte Brundtland-Bericht war 1987 eine erste klare Vorgabe, wie Nachhaltigkeit zu definieren ist. Auf der Rio+20-Konferenz im Jahr 2012 wurde der Grundstein für verbindliche Ziele auf Basis der klaren Definition gelegt. Daraus entwickelten sich die sogenannten SDGs (Sustainable Development Goals), die dann zum 01.01.2016 mit einer Laufzeit von 15 Jahren in Kraft traten. So ist auch von der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ die Rede.
Was sind die Sustainable Development Goals?
Bei den SDGs handelt es sich um einen Katalog aus 17 Zielen, die man bis 2030 weltweit einheitlich erreicht haben will. Ein Auszug aus diesen Zielen:
- Armut in all ihren Formen beenden.
- Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen, eine nachhaltigere Landwirtschaft fördern.
- Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.
- Inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und die Möglichkeiten des lebenslangen Lernens fördern.
- Gleichstellung der Geschlechter erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.
Zu diesen und den weiteren Zielen wurden außerdem konkrete Umsetzungsmaßnahmen beschlossen.
Mit den Sustainable Development Goals ist Nachhaltigkeit als politisches Thema stärker in den Fokus gerückt. Das wiederum, und auch klimabezogene Ereignisse und Erkenntnisse sowie der Fortschritt in der Forschung rund um nachhaltige und regenerative Technologien, haben das Thema auch in der Gesellschaft gestärkt. Viele Anlegerinnen und Anleger streben inzwischen nach nachhaltigen Formen der Geldanlage. Doch woran sind nachhaltige Geldanlagen zu erkennen?
Was sind die „Environment-Social-Governance“-Richtlinien?
Die Herausforderung für Anlegerinnen und Anleger ist, dass es – anders als für das Thema Nachhaltigkeit an sich – keine konkrete Definition für nachhaltige Investitionen gibt. So kann es durchaus passieren, dass auch solche Anlageprodukte als grün, ökologisch oder sozial nachhaltig beworben werden, die gar keinen bestimmten Kriterien folgen. Hier sollten Anlegerinnen und Anleger entsprechend wachsam sein.
Ein zumindest tiefergreifendes Indiz dafür, ob die eine Anlage grüner oder verträglicher als die andere ist, können die ESG-Richtlinien sein. ESG steht für Englisch „Environment-Social-Governance“-Kriterien, die umwelttechnisch, sozialtechnisch und führungstechnisch nachhaltige Handlungen und Geschäftspraktiken in Unternehmen definieren. Die Richtlinien werden als orientierungsgebendes Rahmenwerk herangezogen, um unternehmens- und branchenübergreifend die Nachhaltigkeit entsprechender Akteure zu beurteilen.
Tatsächlich arbeiten ganze Teams aus Analystinnen und Analysten oder gar Forschungsinstitute daran, jedes einzelne Unternehmen auf Erfüllung der ESG-Richtlinien zu prüfen. Entsprechende Anlageprodukte, wie zum Beispiel ETFs mit ausschließlich Aktien von ESG-konformen Unternehmen, können dann einen guten Orientierungspunkt für Anlegerinnen und Anleger darstellen, die nachhaltig investieren möchten.
Welche nachhaltigen Investitionsansätze gibt es?
Wie genau die ESG-Kriterien beim letztendlichen Anlageprodukt interpretiert und angewandt werden, unterscheidet sich. Durchgesetzt haben sich im Wesentlichen die Ansätze des expliziten Ausschlusses, der expliziten Einbeziehung und des ganz gezielten (und in einer Weise messbaren) Impact Investings. Alle drei haben ihre Vorteile und Nachteile.
Nachhaltig investieren nach Ausschlusskriterien
Die Geldanlage nach Ausschlusskriterien bedeutet: Sie schließen jegliche Unternehmen aus Industriezweigen aus, die Sie in Ihrem Portfolio nicht repräsentiert wissen wollen. Vielleicht trifft das auf Unternehmen aus der Rüstungsindustrie oder aus dem Wirtschaftszweig der fossilen Roh- und Brennstoffe zu. Vielleicht wollen Sie auch einen Bogen um Unternehmen machen, die etwas mit Glücksspiel, Gentechnik, Pornografie oder Atomkraft zu tun haben. Oder mit Alkohol, Drogen und Tabak. Oder mit Kinderarbeit.
Wenn Sie nachhaltig investieren möchten, können Sie sich im Rahmen Ihrer Anlagestrategie Gedanken darüber machen, welche Industriezweige Sie aufgrund Ihrer persönlichen Wertvorstellungen auf keinen Fall fördern möchten. Es muss nicht immer nur um Umweltthemen gehen, sondern es kann beispielsweise auch Menschenrechte und nachhaltige Wertschöpfungsketten einbeziehen. In jedem Fall entsteht so eine schwarze Liste mit mehr oder auch weniger Ausschlusskriterien, die Sie bei der Auswahl Ihrer Geldanlagen heranziehen können.
Was zunächst ganz gut klingt, birgt jedoch auch Lücken: Einerseits gibt es für die Emittenten von Anlageprodukten keine einheitlichen Transparenzbestimmungen, wodurch es manchmal schwer erkennbar ist, ob die gewünschten Branchen tatsächlich ausgeschlossen sind oder nicht. Andererseits muss der Ausschluss bestimmter Branchen nicht bedeuten, dass die Unternehmen aus allen anderen Branchen nachhaltig handeln und wirtschaften. Der Nachhaltigkeitsfaktor beschränkt sich bei dem Vorgehen mit schwarzer Liste also nur auf die ausgeschlossenen Unternehmen und Wirtschaftszweige, nicht zwingend aber auf die Geldanlage insgesamt.
Nachhaltig investieren nach Positivkriterien
Die Geldanlage nach Positivkriterien ist das Gegenteil von vorhin: Statt Unternehmen und Wirtschaftszweige auszuschließen, weil sie nicht Ihren Vorstellungen von Nachhaltigkeit entsprechen, investieren Sie in solche nachhaltigen Unternehmen und Wirtschaftszweige, von denen Sie überzeugt sind. Beispielsweise können das regenerative Energien, nachhaltige Immobilien und Wohnraumschaffung, verträgliche Landwirtschaft oder auch neue Mobilitätsformen sein.
In diesem Ansatz ist eine nachhaltige Investition Ihres Geldes explizit gegeben. Allerdings können sich Lücken in Sachen Diversifikation (Risikostreuung) ergeben. Nachhaltige Branchen sind zwar zukunftsrelevant, doch welche Unternehmen sich mit welcher Lösung wie stark durchsetzen, ist nicht sicher absehbar. Wer ausschließlich nachhaltig investieren möchte, kann also mit erhöhten Risiken konfrontiert sein und sollte umso mehr auf eine ausreichende Diversifikation des Portfolios achten.
Zudem kann es – wenn Sie sowohl Ausschluss- als auch Positivkriterien formulieren – zu Überschneidungen kommen. Was ist zum Beispiel mit einem Zulieferer, dessen Bauteile für Solarparks hochrelevant sind, der aber auch Unternehmen aus dem fossilen Industriezweig beliefert? Der pauschale Ausschluss solcher Überschneidungsfälle kann die bereits angesprochene Herausforderung der Diversifikation erschweren. Anlegerinnen und Anleger müssten also entweder noch mehr Augenmerk auf die Risikostreuung legen oder klare Regeln formulieren, in welchen Fällen Überschneidungen für sie in Ordnung sind. Das kann wiederum die Komplexität der Geldanlage deutlich erhöhen.
Nachhaltig investieren via Impact-Investment:
Für Anlegerinnen und Anleger, die genau wissen, was sie wollen, können auch Impact-Investments interessant sein. Damit ist gemeint, dass Sie beispielsweise in Form von Crowdinvesting in ein explizites Projekt investieren, etwa in ein Windpark-Entwicklungsprojekt. Auch die Investition in einzelne ausgesuchte Aktien oder sogenannte Impact-Fonds kann als Impact-Investment gewertet werden, solange die Investition einen messbaren Nachhaltigkeitserfolg mit sich bringt.
Impact-Investments sind aber auch sehr komplex und erfordern einerseits ausgeprägtes Branchen- und Produktwissen sowie andererseits eine erhöhte Risikobereitschaft. Anlegerinnen und Anleger sollten in der Lage sein, die Erfolgsaussichten des Projekts einschätzen und beurteilen zu können.
Auch, weil sie danach absolut vom Projekterfolg abhängig sind. Zudem finden insbesondere Crowdinvesting-Projekte in Form eines nachrangigen Darlehens statt, was bedeutet, dass es bei einer Insolvenz des Emittenten zu einem 100 % Totalausfall kommen kann. Nachrangige Darlehen werden immer erst als allerletztes aus der Insolvenzmasse bedient, sofern noch was da ist.
Wie sieht es mit nachhaltigen Fonds oder ETFs aus?
Ausschlusskriterien, Positivkriterien, Impact-Investment mit Ausfallrisiken, … natürlich können Sie tief in die Themen eintauchen und selbst geeignete Geldanlagen finden.
Doch was, wenn Sie zwar nachhaltig investieren möchten, das aber möglichst einfach und am besten auch gleich schon diversifiziert? Hier können sich nachhaltige aktiv gemanagte Fonds und ETFs anbieten – also solche, die aktiv zusammengesetzt oder Index-replizierend nur die Aktien und Anleihen ESG-gerechter Unternehmen und Staaten beinhalten.
Dabei haben ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds zwei wesentliche Vorteile:
- ETFs sind mit jährlich laufenden Gebühren von meist weit unter 1 % p.a. (auch im nachhaltigen Segment) deutlich kosteneffizienter als aktive Fonds. Das kann sich vor allem bei langfristigen Anlagehorizonten in der Rendite bemerkbar machen.
- ETFs bilden meist einen schon vorhandenen Nachhaltigkeits-Index ab, den Sie zumindest besser recherchieren und nachvollziehen können als die konkrete Zusammensetzung eines aktiv gemanagten Fonds.
Insbesondere der Kostenvorteil herrscht auch sonst bei ETFs, also außerhalb des Nachhaltigkeitssektors. Wenn Sie Näheres zu ETFs erfahren möchten, lesen Sie mehr dazu in unserem Spezialbeitrag zu Exchange Traded Funds.
Häufig ist schon anhand des Namens erkennbar, ob ein Anlageprodukt nachhaltig ausgerichtet ist. Meist sind hier Wörter wie „Sustainability“ oder „sustainable“ oder auch von „Responsible“ enthalten. Ebenso können die Wörter wie „Öko“ / „Eco“, „Ethisch“ / „Ethical“, „Klima“ / „Climate“, „Fair“ oder einfach „ESG“ darin vorkommen. Bei vielen Plattformen sind entsprechende Anlageprodukte auch mit einem grünen Blatt oder einem anderen grafischen Hinweis versehen, sodass sie schnell erkennbar sind.
Was sind die Chancen und Risiken nachhaltiger Investitionen?
Chancen
Risiken
Sie legen nicht nur Geld an, sondern unterstützen dabei auch Umwelt-, klimatische oder soziale Ziele
Eine ausreichende Diversifikation des Portfolios kann herausfordernder sein
Immer wieder ist erkennbar, dass Anlageprodukte mit Nachhaltigkeitsfokus überdurchschnittlich oder mindestens genauso gut wie klassische Anlageprodukte performen
Je nach Anlageform brauchen Anlegerinnen und Anleger ausgeprägtes Vorwissen, um die Erfolgsaussichten nachhaltiger Investitionen beurteilen zu können
In Krisen besteht die Chance, dass nachhaltig ausgerichtete und fair sowie verantwortungsvoll geführte Unternehmen stabiler stehen als andere
Mit immer mehr Angeboten haben Anlegerinnen und Anleger immer mehr Auswahl in Sachen Geldanlage
Häufig herrscht mal mehr oder mal weniger Intransparenz über die genaue Zusammensetzung (bei aktiven Fonds und teilweise bei ETFs)
Zusammenfassung
Das eigene Geld so zu investieren, dass es Gutes für Mensch und Natur bewirkt, ist längst auch für unerfahrene Anlegerinnen und Anleger realisierbar. Mit den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen und den ESG-Kriterien gibt es entsprechende Orientierungsbände, an denen sich viele Geldanlagen – wenn auch manchmal intransparent – ausrichten. Das hat in den vergangenen Jahren zu immer mehr Investitionsmöglichkeiten in allen Dimensionen von Anlageprodukten geführt. Anlegerinnen und Anleger können mit einer passenden Anlagestrategie jene Anlageprodukte herausfiltern, die ideal passen und ihre Wertvorstellungen widerspiegeln. Für Anfängerinnen und Anfänger können sich vor allem nachhaltige ETFs eignen, da diese vorselektiert und bereits in sich diversifiziert sind.